Selbsthilfe bei Computerspiel-Sucht | Für Eltern

Oft haben Eltern noch Einfluss auf Computerspielsüchtige. Am Wichtigsten ist, das Problem geschickt anzusprechen. Auch mit einfachen psychologischen Techniken wie Belohnungspläne oder Kosten-Nutzen-Analyse können Sie sich selbst behelfen.

Einfache Verbote wirken nicht mehr. Jeder Wunsch und jede Vorschrift wirkt für den Süchtigen erst mal bedrohend. Das süchtige Kind oder der süchtige Erwachsene hat verlernt, mit anderen Beschäftigungen Spaß zu haben. Computer und Internet sind das einzige Mittel geworden, um noch Spaß und Befriedigung zu bekommen.

Wichtig ist jetzt, Schritt für Schritt an einer langfristigen Lösung zu arbeiten.

1. Online-Tests

Klären mit einem Online-Test, ob die WHO-Kriterien für Computerspiel-Sucht erfüllt sind.

2. Begleiterkrankungen

Über 90 % der Computerspielsüchtigen leiden unter einer zweiten psychischen Erkrankung. Am häufigsten sind Angststörungen, Depression, ADHS. Wenn es bereits früher entsprechende Diagnosen gab, versuchen Sie die Maßnahmen von damals wieder aufzunehmen (Therapien, Medikamente, Beratungen).

3. Geschickt Ansprechen

Es ist ein heikles Gespräch, das beeinflusst, ob der Betroffene in nächster Zeit mit Ihnen zusammenarbeitet – oder Ihre Bemühungen torpediert. Bereiten Sie das Gespräch schriftlich vor und gehen Sie den Ablauf mehrmals in Gedanken durch. Halten Sie sich im Gespräch an die Notizen.

  1. Überlegen Sie sich vorher, was genau Ihr Ziel ist. Ein komplettes Computerspiel-Verbot ist meistens unrealistisch (ein ganzer Artikel dazu). Ihr Ziel wird eher sein, dass
    • er erkennt, dass Sie sich große Sorgen machen.
    • der Betroffene weniger spielt,
    • er den Unterschied zwischen normalem Spielen und inadäquater Nutzung erkennt,
    • er andere Hobbys und Interessen schrittweise (wieder) entdeckt und
  2. Suchen Sie den richtigen Zeitpunkt für das Gespräch. Computer und Konsole fordern seine ganze Aufmerksamkeit. Sprechen Sie ihn an, wenn er gerade NICHT spielt. Am besten, wenn gerade weder Computer, Konsole noch Smartphone in der Nähe sind.
  3. Überlegen Sie, wer Sie bei dem Gespräch unterstützen könnte – Vater/Mutter, gibt es Geschwister, die sich auch sorgen?
  4. Wenn Sie einen Partner haben – sprechen Sie sich vorher ausführlich ab. Es ist wichtig, dass sie dauerhaft eine gemeinsame Position vertreten.
  5. Schreiben Sie eine Liste an Punkten, die Sie im Gespräch jedenfalls ansprechen möchten.
  6. Versuchen Sie, konkret und objektiv zu bleiben. Das hilft dem Betroffenen, Ihre Sorgen nachzuvollziehen. Beispiel:
    • Schlecht: „Deine Spielzeiten sind nicht normal.“
    • Besser: „Mir ist aufgefallen, dass du nachmittags nach der Schule 5 Stunden ohne Pause spielst.“
    • Schlecht: „Du machst nichts anderes mehr.“
    • Besser: „Mir scheint, als würde dir dein Fußballtraining keine Freude mehr machen.“
  7. Sprechen Sie über Ihre eigenen Gefühle. Anstellen von offenen Vorwürfen beschreiben Sie, was die Situation mit Ihnen macht. Wie Sie darunter leiden. Beispiele:
    • „Ich mache mir Sorgen und schlafe deshalb kaum noch.“
    • „Ich fühle mich absolut hilflos und habe deshalb schon im Internet gesucht.“
  8. Hilfe anbieten: Erklären Sie, dass Sie ihn unterstützen wollen. Schlagen Sie zu Anfang eine sehr einfache Maßnahme wie ein Wochenprotokoll (das erstmal auch Sie selbst führen können) vor. Das hilft, um ihm das Ausmaß der Spielzeit zu zeigen, und ist ein guter Anfang.
  9. Ermöglichen Sie alternative Freizeitgestaltung. Welche Hobbys und Aktivitäten hat er aufgegeben? Vielleicht ist der Schritt zurück möglich? Alte Freunde um ein neues Treffen bitten, wieder in den Fußballverein, frühere Familienaktivitäten wieder austesten. Bezahlen Sie ggf. Kinobesuche, Fitnessstudio-Probetrainings, Konzerttickets.
  10. Wenn das Gespräch eskaliert oder Sie nicht weiterkommen, brechen Sie ab und vertagen auf einen neuen Versuch. Beispiel: “Ich glaube, heute kommen wir nicht weiter. Wir sprechen ein morgen/am Wochenende/nächste Woche noch einmal darüber.”

4. Kein generelles Verbot

Verbote schlagen fehl, wenn sie nicht permanent durchsetzbar sind. Mit zunehmenden Alter ist es besser, darauf zu verzichten. Warum genau, wird in diesem Artikel erklärt. Stattdessen versuchen Sie ein Umfeld zu schaffen, in dem andere Freizeitaktivitäten interessanter sind als Computerspiele.

Technische Hindernisse

Der erste Gedanke ist oft, den Router zu verstecken, den Computer mit einem Passwort zu sperren und die Internetbandbreite zu begrenzen. Solche technischen Sperren können die Betroffenen leicht umgehen.

Sie sind viel versierter im Umgang mit Hard- und Software als Eltern oder Angehörige. Wenn die Umgehung schließlich auffliegt, gibt es neue Konflikte, die das Ziel noch weiter wegrücken lassen.

Erst wenn die Einsicht des Betroffenen und der Wille zur Veränderung da ist, sind technische Hindernisse sinnvoll. Zum Beispiel mit dem Kauf eines Computers ohne dezidierte Grafikkarte oder eines Feature-Phones ohne Internetanbindung.

Je weiter das Suchtmittel Videospiele entfernt ist, desto leichter fällt der Verzicht. So kann man die eigenen Bemühungen des Süchtigen unterstützen, anstatt ihn mit technischen Mittel zu zwingen.

5. Kosten-Nutzen-Analyse

Den Süchtigen ist kaum bewusst, wie viel Lebensqualität ihnen das Computerspielen raubt – körperlich, psychisch, sozial und finanziell. Wenn Sie ihm das eindrücklich vor Augen führen wollen, bietet sich eine schriftliche Kosten-Nutzen-Analyse an.

Eine Kosten-Nutzen-Analyse stellt die Argumente für und gegen exzessives Computerspielen gegenüber. Außerdem können Sie so auch seine Motive besser verstehen. Spielt er aus Langeweile, zur Ablenkung vor seinen Problemen oder vielleicht, um mit den Videospielen eine psychische Erkrankung zu kontrollieren?

Anleitung

Die Kosten-Nutzen-Analyse hat 4 Felder, die Sie gemeinsam mit dem Betroffenen ausfüllen.

Feld 1: Weiterspielen PRO

  • Was spricht dafür, weiterzuspielen?
  • Welche Vorteile hat das – auch sozial und finanziell?

Feld 2: Weiterspielen CONTRA

  • Was sind die Nachteile, wenn ich weiterspiele?
  • Welche Folgen hat das jetzt schon?
  • Wie wird sich das noch verschlimmern?

Feld 3: Aufhören CONTRA

  • Was spricht gegen eine Aufgabe?
  • Was wird mir fehlen?
  • Was würden meine Freunde sagen?

Feld 4: Aufhören PRO

  • Welche Vorteile hätte es, damit aufzuhören?
  • Gesundheitlich, in der Schule, für meine anderen Hobbys und für das Familienleben?

Ausfüllhilfe: Meistens tun sich Süchtige schwer, die Felder ohne Hilfe zu füllen. Deshalb finden Sie auf Seite 2 des PDFs eine Vorlage mit Ideen.

Das Ergebnis

In der linken, gelben Spalte sehen Sie gesammelt die Gründe und Argumente dafür, einfach weiterzuspielen. In den Augen des Süchtigen sind sie wichtig – egal wie unbedeutend, abwegig oder unverständlich sie Ihnen erscheinen. Diskutieren Sie Punkt für Punkt darüber. Seien Sie offen für Erklärungen.

In der rechten, grünen Spalte stehen Hoffnungen, Gründe und Argumente, die zum Aufhören motivieren sollen. Diskutiert auch diese Punkte ruhig und gelassen durch. Hier können Sie Überzeugungsarbeit leisten, Vorschläge bringen. An dieser Stelle müssen Sie geduldig, schlau und verständnisvoll argumentieren.

6. Tages-Zeitkuchen

Wenn eine Computerspiel-Sucht verschwinden soll, müssen für die entstandene freie Zeit andere, alternative Aktivitäten und Hobbys gefunden werden. Dazu bietet sich der Tages-Zeitkuchen an. In diesem Arbeitsblatt wird eingetragen, wie sich die 24 Stunden des Tages auf die einzelnen Aktivitäten verteilen soll. Das führt plakativ vor Augen, wie wertvoll die begrenzte freie Zeit ist.

Anleitung

Im PDF zum Download und Ausdrucken finden Sie:

  • Seite 1: Leere Zeitkuchen zum Selbstausfüllen.
  • Seite 2: Beispiele.

Mit dem Zeitkuchen zwingen Sie sich, sich über die Verteilung Ihrer Zeit Gedanken zu machen. Die gesamte Fläche (100 %) stellt die ganze verfügbare Zeit eines Tages dar.

Zu verplanende Aktivitäten

  • Schlafenszeit
  • Schule/Arbeit/Ausbildung/Uni
  • Freunde treffen
  • Mahlzeiten
  • Fernsehen/YouTube/Streaming
  • Hausaufgaben
  • Sport
  • Bus/Autofahren
  • Einkaufen inklusive Online-Shopping

Beobachten Sie die nächsten Tage: Ist Ihre Zeitverteilung wie vorgenommen? Vor allem: Halten Sie die geplante Computerspiel-Zeit ein?

Neue Aktivitäten brauchen Planung

Wenn Ihre Computerspiel-Zeit sinkt, wird viel Zeit frei. Diese müssen Sie schnell und sinnvoll füllen – sonst kommt es höchstwahrscheinlich zu einem baldigen Rückfall.

Ideen für neue Freizeitaktivitäten

  • Alte Hobbys wieder aufnehmen.
  • Sich bei alten Freunden wieder melden.
  • Angebote von Vereinen, Jugendzentren und Schulen suchen.

Einschränkungen mitdenken: Sind die finanziellen Mehrkosten auch dauerhaft leistbar? Wie hoch sind die Einstiegshürden (Musikinstrumente, Sportgeräte, Aufnahmeverfahren)?

7. Belohnungspläne

Achtung: Aufwändig – aber auch die beste Technik, vor allem mit Kindern. Mit Belohnungen kann man Menschen gut beeinflussen. Die Aussicht auf eine Süßigkeit lässt das Kleinkind den Einkauf über ruhig sein. Die Erwartung auf Weihnachtsgeschenke kann den Familienfrieden ganz erheblich fördern. Psychologen sprechen dann von Verstärkung, weil die Belohnungen ein gewünschtes Verhalten verstärken.

Ein Verhalten zu verstärken heißt:

  1. Es passiert öfter.
  2. Es passiert länger oder intensiver.
  3. Es passiert (mit der Zeit) automatisch und ohne Aufforderung.
  4. Und am Ende sogar, ohne dass eine Belohnung nötig ist.

Die Belohnungen hingegen können:

  • sozialer Art (Aufmerksamkeit schenken, loben)
  • materieller Art (Kinobesuch, McDonalds-Menü)
  • symbolischer Art (Token) sein.

Besonders Token haben sich in der Psychotherapie als sehr wirksam erwiesen. Dabei belohnt man mit Spielgeld, -chips oder Büroklammern. Diese Tokens kann der Betroffene später zu einem festgelegten Wechselkurs gegen eine besonders große Belohnung eintauschen.

Anleitung

Solche Belohnungspläne kann man für viele Probleme bei Computerspiel-Sucht erstellen: Reduktion der Spielzeit, Wiederaufnahme von Hobbys, mehr Bewegung, mehr soziale Kontakte und vieles mehr.

Belohnungsplan erstellen in 6 Schritten:

  1. Das problematische Verhalten identifizieren.
  2. Das neue, gewünschte Verhalten festlegen.
  3. Den Ist-Zustand feststellen – mit Wochenprotokoll und Stimmungs-Tagebuch.
  4. Die Motive für das Computerspielen herausfinden – mit Kosten-Nutzen-Analyse und Bedürfnisblatt.
  5. Die Belohnungen festlegen.
  6. Veränderungsphase starten.

Wir werden uns am Beispiel des wichtigsten Ziels – der Reduktion der Spielzeit – ansehen, wie so ein Belohnungsplan zusammengestellt wird.

Schritt 1: Was ist das problematische Verhalten?

Hier müssen wir unterscheiden, wie der Süchtige das Problem sieht und wie Eltern oder Angehörige das sehen. Etwa am Beispiel der Spielzeit:

Das Problem aus der Sicht der Eltern oder Angehörigen: Sie fühlen sich verantwortlich, die Zeit am Computer zu begrenzen. Wahrscheinlich sind ihnen schon die negativen Folgen des exzessiven Computerspielens aufgefallen. Der Betroffene gehorcht nicht, sondern startet eine ausweglose Diskussion. Streit, Wut und Belastung sind die Folge.

Das Problem aus der Sicht des Süchtigen: Es gibt keine Regeln, wie lange gespielt werden darf. Sobald ihm verboten wird, weiterzuspielen, protestiert er. Jetzt aufzuhören bedeutet, dass er auf Spaß, Freude und Ablenkung verzichten muss.

Schritt 2: Welches neue, bessere Verhalten soll stattdessen gelernt werden?

Die Eltern wünschen sich:

  • eine zeitliche Begrenzung
  • an die sich der Sohn auch ohne Aufforderung hält und
  • ein Ende der Diskussionen über Sinn und Zweck der Begrenzung der Spielzeit.

Damit die Eltern ihren Wunsch bekommen, muss auch dem Süchtigen etwas geboten werden. Ansonsten bleibt es ein Verbot, das sich für ihn wie eine Strafe anfühlt.

Schritt 3: Den Ist-Zustand feststellen mit Wochenprotokoll und Stimmungstagebuch

Wie oft tritt das problematische Verhalten aktuell auf? Mindestens 2 Wochen müssen die Eltern Buch führen: Wie oft spielt er, wie lange und wie oft kommt es deswegen zu Streit?

Wochen-Protokoll führen

Das Wochenprotokoll ist wichtig, um später einen Stufenplan zu erstellen. Das Ziel soll Stück für Stück erreicht werden. Deshalb muss man wissen:

  • Wo genau man gestartet ist.
  • Ob es schon (kleine) Fortschritte gibt.
Stimmungs-Tagebuch

Es ist hart, Süchtige in dieser Phase schon zu einer Mitarbeit zu bringen. Wichtig ist, dass Sie auch die Perspektive des Süchtigen kennenlernen.

Im Idealfall füllt er sein Stimmungs-Tagebuch also selbst aus. Wenn das nicht klappt, übernehmen Sie das. Fragen Sie am Abend jeweils kurz ab:

  • Wie er sich heute gefühlt hat (gut/normal/schlecht).
  • Ob ihn heute etwas belastet oder gestresst hat (ja/nein).
  • Wie groß sein Verlangen nach Computerspielen heute war (stark/mittel/schwach).
  • Wie viele Stunden er heute ungefähr gespielt hat.

Schritt 4: Herausfinden: Welche Bedürfnisse befriedigt Computerspielen im Moment?

Dieser Schritt lässt sich am besten mit einer Kosten-Nutzen-Analyse erledigen. Hinter jeder Sucht stehen unbefriedigte Bedürfnisse, die eine Sucht entstehen lassen.

Diese Bedürfnisse lassen sich im Moment nicht anders befriedigen und sorgen auch dafür, dass die Sucht nicht einfach verschwindet. Deshalb muss man diese Bedürfnisse und Motive sichtbar machen.

Ein häufiges Beispiel

Das Ergebnis einer Kosten-Nutzen-Analyse kann z. B. sein, dass der Süchtige spielt, um seine Traurigkeit und depressiven Gefühle zu verdrängen.

Von Bedürfnissen zu passenden Aktivitäten

Dann gilt es, gezielt Möglichkeiten zu suchen, um dieses Bedürfnis auch ohne Computer zu erfüllen. Meist sind es andere Aktivitäten, die hier clever festgelegt werden. Im Bedürfnisblatt suchen Sie passende Aktivitäten, um möglichst viele der Aktivitäten abzudecken.

Für den traurigen, depressiven Computerspieler könnte das Bedürfnisblatt so aussehen:

BedürfnisAktivität oder Maßnahme Mit wem
Traurigkeit verdrängen oder lösenSport (wirkt antidepressiv)Freunden, Sportverein oder Vater
Traurigkeit verdrängen oder lösenTherapeutische Gespräche Psychologen
Traurigkeit verdrängen oder lösenAntidepressivumHausarzt oder Psychiater

Jede Sucht „löst“ vordergründig ein Problem/stillt ein Bedürfnis. Wenn die Sucht langfristig verschwinden soll, müssen zuerst die Bedürfnisse hinter der Sucht ein anderes Ventil oder eine andere Erfüllung finden.

5. Schritt: Festlegen der Belohnungen

Auch die Belohnung sollte klipp und klar festgelegt werden. Der Süchtige muss ganz genau wissen, wann er eine Belohnung (auch Verstärker oder Token) bekommt und unter welche Bedingungen er sich diese Belohnung nicht verdient. Psychologen nennen diese Belohnungen übrigens:

Belohnungen können ganz unterschiedlich sein:

a) Materielle Belohnungen und Erlebnisse

Besser als Geld sind gemeinsame Erlebnisse als Belohnung: Ausflüge, Schimmbad-, Zoo-, Konzert-, Messebesuche, Fußballspiele. Dabei sollte das Erlebnis neben dem Betroffenen auch seiner Begleitung Spaß machen.

Die Belohnungen sollen auch wenig kosten – Sie müssen das finanziell einige Zeit durchhalten. Aus psychologischer Sicht ist es nicht der Preis, sondern der symbolische Wert, der zählt. Deshalb reichen oft auch

b) Symbolische Belohnungen

Psychotherapeuten und Psychologen setzen oft einfache Büroklammern, Spielgeld oder –chips ein. Diese kann der Süchtige sammeln und später zu einem festgelegten Wechselkurs eintauschen. Suchen Sie zusammen nach etwas Passendem.

Sie benötigen als Erstes eine Übersicht, wie er sich die Büroklammern verdienen kann – das ist die Lohnkarte.

AufgabeWert
Bei Spielbeginn Bescheid geben1 Büroklammer
Wecker zum Spielen stellen1 Büroklammer
Pünktlich und ohne Aufforderung aufhören1 Büroklammer

Dann legen sie wie bei einer Einlösekarte fest, wie viel eine Belohnung kostet. Für einen Jungen könnte das so aussehen.

AnzahlBelohnungWird eingelöst innerhalb
5 BüroklammernMit Papa Fußballspielen3 Tage
10 BüroklammernSchwimmbadbesuch7 Tage

Materielle und Symbolische Belohnungen inklusive Wechselkurs müssen unbedingt niedergeschrieben werden. Der Süchtige bekommt eine Kopie. Um mehr Ideen für Aktivitäten zu bekommen, schauen Sie noch einmal auf das Bedürfnisblatt. Für welche Bedürfnisse haben Sie noch keine Aktivitäten gefunden?

c) Soziale Belohnungen

Die Art, wie Menschen miteinander umgehen, bestimmt auch, wie der Andere auf Bitten und Forderungen reagiert. Besonders Kinder sind empfänglich für nonverbale Botschaften. Versuchen Sie vermehrt:

  • Aufmerksamkeit zu schenken,
  • Blickkontakt zu suchen ,
  • zu lächeln und
  • zu loben.

6. Schritt: Veränderungs-Phase starten

Wochenprotokoll und Stimmungstagebuch haben für 2 Wochen geklappt, die Belohnungen mit Lohn- und Einlösekarte stehen, sind unterschrieben und in Kopie an den Süchtigen ausgehändigt – es kann losgehen!

Über die nächsten Wochen führen Sie weiter Wochenprotokoll und Stimmungs-Tagebuch. Wenn es gut läuft, sammelt der Betroffene Büroklammer um Büroklammer, löst sie ein – und sie geben dafür (natürlich zuverlässig) die versprochene Belohnung.

Vielleicht merken Sie schon selbst im Alltag Verbesserungen. Kleine Veränderungen entdecken sie vielleicht erst, wenn sie aus dem Wochenprotokoll und Stimmungstagebuch eine Verlaufskurve zeichnen.

Was nicht passieren darf:
  • Eine einseitige Änderung der Regeln durch Sie ODER den Betroffenen.
  • Belohnungen vergessen oder verweigern – auch nicht aus schwerwiegenden anderen Gründen.

Zu schwierig?

Die Erstellung und Durchführung des Belohnungsplans ist aufwendig und dauert mindestens mehrere Wochen. Trotzdem ist es die psychologisch beste Methode, die Sie noch als Selbsthilfe machen können.

Erarbeitetes nicht Vergessen

Die Motivation schwindet, wenn die Arbeitsblätter außer Sicht sind. Sie sollten die Übersicht irgendwo im täglichen Blickfeld unterbringen – am Kühlschrank, an der Wand. Fußballspieler hängen sich doch auch Poster ihrer Stars an die Wand, oder?

8. Wenn nichts funktioniert

Sollten Sie erkennen, dass Sie mit Ansprechen, Kosten-Nutzen-Analyse und Belohnungsplänen nicht weiterkommen, suchen Sie sich besser trotzdem professionelle Hilfe. Je früher wirksam interveniert wird, desto besser.

6 Anzeichen, dass Sie einen Psychologen hinzuziehen sollten

Sie brauchen definitiv professionelle Hilfe, wenn:

  • der Betroffene im Gespräch anfängt, aggressiv zu werden,
  • er Sie massiv beleidigt,
  • Sie schlägt oder körperlich angreift,
  • er Sachen beschädigt,
  • depressiv und ängstlich wirkt oder damit droht, sich zu verletzen oder umzubringen.

Das Leben mit einem/einer süchtigen Angehörigen stellt für die meisten Menschen eine starke Belastung dar. Auch für Angehörige ist professionelle Unterstützung dann eine wertvolle Hilfe.