Oft haben Eltern und Angehörige noch Einfluss auf Computerspiel-Süchtige und -gefährdete. Sie können dann geschicktes Ansprechen, Kosten-Nutzen-Analysen und Belohnungspläne einsetzen.
Einfache Verbote wirken nicht mehr. Jeder Wunsch und jede Vorschrift wirkt für den Süchtigen erst mal bedrohend. Das süchtige Kind oder der süchtige Erwachsene hat verlernt, mit anderen Beschäftigungen Spaß zu haben. Computer und Internet sind das einzige Mittel geworden, um noch Spaß und Befriedigung zu bekommen.
Ein simples Verbot wird da einfach überfordern. Es ist besser, Schritt für Schritt an einer langfristigen Lösung zu arbeiten.
1. Haben Sie noch Einfluss?
Kläre mit einem Online-Test, ob Sie überhaupt noch Einfluss auf den Betroffenen hast. Wenn nicht, suchen Sie sich besser professionelle Hilfe bei Psychologen, Beratungsstellen oder Kliniken.
2. Geschicktes Ansprechen
Überlege Sie sich vorher, was genau Ihr Ziel ist. Ein komplettes Computerspiel-Verbot ist meistens unrealistisch. Ihr Ziel wird eher sein, dass
- der Betroffene weniger spielt,
- er den Unterschied zwischen normalem Spielen und inadäquater Nutzung erkennt,
- er andere Hobbys und Interessen (wieder) entdeckt und
- er erkennt, dass Sie sich große Sorgen machen.
Dabei helfen die Regeln des aktiven Zuhörens weiter.
3. Kein generelles Computerspiel-Verbot
Verbote schlagen meistens fehl, weil sie nicht permanent durchsetzbar sind. Es ist also besser, darauf zu verzichten.
4. Technische Hindernisse
Der erste Gedanke ist oft, den Router zu verstecken, den Computer mit einem Passwort zu sperren und die Internetbandbreite zu begrenzen. Solche technischen Sperren können die Betroffenen leicht umgehen.
Sie sind viel versierter im Umgang mit Hard- und Software als Eltern oder Angehörige. Wenn die Umgehung schließlich auffliegt, gibt es neue Konflikte, die das Ziel noch weiter wegrücken lassen.
Erst wenn die Einsicht des Betroffenen und der Wille zur Veränderung da ist, sind technische Hindernisse sinnvoll. Zum Beispiel mit dem Kauf eines Computers ohne dezidierte Grafikkarte oder eines Feature-Phones ohne Internetanbindung.
Je weiter das Suchtmittel Videospiele entfernt ist, desto leichter fällt der Verzicht. So kann man die eigenen Bemühungen des Süchtigen unterstützen, anstatt ihn mit technischen Mittel zu zwingen.
5. Die Kosten-Nutzen-Analyse
Süchtige sind sich meist nicht bewusst, welche Folgen das exzessive Spielen auf ihr Leben hat – körperlich, psychisch, sozial und finanziell.
Arbeitsblätter, die Eltern/Angehörige gemeinsam mit dem Betroffenen erstellen, helfen, diese Folgen sichtbar zu machen.
6. Belohnungspläne
Belohnungs- oder Verstärkerpläne sind psychologische Instrumente aus der Verhaltenstherapie.
Die Belohnungen können
- sozialer Art (Aufmerksamkeit schenken, loben)
- materieller Art (Kinobesuch, McDonalds-Menü)
- symbolischer Art (Token)
sein.
Besonders Token haben sich in der Psychotherapie als sehr wirksam erwiesen. Dabei belohnt man mit Spielgeld, -chips oder Büroklammern. Diese Tokens kann der Betroffene später zu einem festgelegten Wechselkurs gegen eine besonders große Belohnung eintauschen.
7. Tages-Zeitkuchen
An die Stelle der Computerspielzeit müssen andere, gleichwertige Aktivitäten und Hobbys treten. Ansonsten bleibt die Gefahr eines Rückfalls groß.
Das Arbeitsblatt mit dem Zeitkuchen hilft, die freie Zeit des Tages besser und sinnvoller zu verteilen.
Wenn das alles nicht funktioniert
Sollten Sie erkennen, dass Sie mit Ansprechen, Kosten-Nutzen-Analyse und Belohnungsplänen nicht weiterkommen, suchen Sie sich besser trotzdem professionelle Hilfe. Je früher wirksam interveniert wird, desto besser.
Fazit: Gezielte Selbsthilfe ist sinnvoll
Eltern und Angehörige können also durchaus mit psychologischen und pädagogischen Mitteln helfen. Allerdings sind sie immer in einer unterstützenden Rolle, alleine beenden können sie die eine Sucht nicht.
Auch während einer Therapie ist ihre Mitarbeit wichtig. Sollte der Betroffene gleichzeitig in ambulanter Betreuung durch einen Psychologen, Psychotherapeuten, Psychiater oder einer Beratungsstelle sein, sprechen Sie sich unbedingt mit diesen ab.