Tipp: Warum Computerspiel-Verbote meist fehlschlagen

Für die meisten Computerspiel-Süchtigen ist völlige Abstinenz kein gutes Ziel. In der Praxis hilft es dann auch nicht, wenn so ein unerreichbares Ziel mit Verboten durchgesetzt werden soll. Hier finden Sie 7 Gründe, warum Verbote allein meist fehlschlagen.

1. Dauerhafte Kontrolle ist unmöglich

Die Eltern sind berufstätig, Partner an der Uni/in der Arbeit und Großeltern drücken ab und zu ein Auge zu. Wenn die Kontrolle nicht lückenlos machbar ist, kann der Betroffene jedenfalls spielen, wenn er wieder unbeaufsichtigt ist.

Weil er damit ein Verbot umgeht, verschlechtert das Verbot das Vertrauensverhältnis nur noch weiter.

2. Technische Hindernisse sind wirkungslos

Für jeden technischen Kontrollversuch gibt es auch technische Gegenmaßnahmen. Das W-Lan des Nachbarn, Proxys – Computerspiel-Süchtige sind clever und technisch versiert, wenn es um die Umgehung der Hindernisse geht.

3. Freunde und Bekannte knicken ein

Süchtige können enormen Druck aufbauen, um doch noch an Spielzeit zu kommen. Oft sind es ihre Freunde, die selbst spielen.

Sie erlauben ihm entgegen der Abmachung, bei ihnen weiterzuspielen. Sie glauben oft auch, dem Süchtigen damit noch etwas Gutes zu tun.

4. Öffentlich zugängliche Plätze zum Weiterspielen

Internetcafés, Computerräume an Schulen und Bibliotheken oder am Arbeitsplatz – Süchtige wissen, wo sie im Notfall weiterspielen können. In Südkorea gibt ganze Hallen mit Spiele-PCs, die sich stundenweise mieten lassen: PC-Bangs. So entziehen sich die Betroffenen komplett jeder Kontrolle.

5. Unklare Regeln, unklare Konsequenzen

Bei Verboten muss eindeutig festgelegt sein:

  • Was genau ist verboten? Nur die Videospiele, die am ehesten süchtig machen? Ist das Spielen mit dem Smartphone ok? Sind Facebook-Mini-Spiele erlaubt? Zählt das Schauen von Let’s Play-Videos als Spielzeit?
  • Was passiert, wenn gegen das Verbot verstoßen wird? Mit welchen Konsequenzen muss der Süchtige rechnen?

Damit es später nicht zu Diskussionen kommt, sollten Verbote und Konsequenzen schriftlich festgehalten werden – z. B. in einem Mediennutzungsvertrag.

6. Kontrollen und Verbote werden von Eltern nicht konsequent durchgehalten

Wenn der Widerstand des Kindes massiv wird, geben die Eltern oft nach. Auch wenn es nur als einzelne Ausnahme erscheint, ist der Damm gebrochen. Es wird erst recht wieder diskutiert und das Verbot neu aufgerollt.

7. Smartphones

Früher noch belächelt, entwickeln sich Smartphones immer mehr zu einem gleichwertigen Ersatz zu Spiele-PC und Konsole. Streaming-Technologien wie Google Stadia ermöglichen es, auch vollwertige Spiele am Smartphone zu spielen. Damit sind die Kontrollmöglichkeiten endgültig erschöpft.

Fazit

Verbote sind schwierig, da PCs einfach Teil unseres Alltags sind. Auf Alkohol kann man verzichten, bei Essen oder Computer ist das heute unmöglich. Man muss sich am Arbeitsplatz, an der Uni oder auch in der Schule damit beschäftigen, kann dem nicht völlig aus dem Weg gehen.

Wenn ein Computerspiel-Verbot Sie weiterbringen soll, ist es also wichtig, alle ins Boot zu holen: Eltern, Lehrer, Freunde. Sie müssen auch in kritischen Zeiten hart bleiben. Ein Mediennutzungsvertrag hilft Ihnen, immer neue Diskussionen zu vermeiden.

Am Ende sind Sie aber trotzdem auf die Einsicht des Süchtigen angewiesen. Deshalb sind andere psychologische Techniken besser: Belohnungspläne, Sucht-Tagebuch, Token-Systeme und Kosten-Nutzen-Analyse.