Psychologische Beratung bei Computerspiel-Sucht

Online-Beratung, Psychologen und Suchtberatungsstellen bieten qualifizierte psychologische Beratung. Was erwartet Sie in der psychologischen Beratung zu Computerspiel-Sucht?

Eltern, Partner, Angehörige oder Freunde merken meist lange vor dem Süchtigen selbst, dass das Computerspielen außer Kontrolle geraten ist. Wenn erste Versuche des Ansprechens, Bittens und Verbietens scheitern, brauchen sie Informationen, Unterstützung und Anleitung.

Beratungsziel 1: Erleichterung verschaffen

Solange Eltern, Partner oder Angehörige mit dem Betroffenen alleine sind, tragen sie Verantwortung: Sie haben das Problem erkannt, können aber (noch) nicht helfen. Je später sie aktiv werden, desto schlechter die Ausgangsposition und desto schlimmer später die Vorwürfe.

Sich bei Experten Rat zu holen, schafft jedenfalls Erleichterung:

  1. Ist es eine behandlungswürdige Computerspiel- oder Internet-Sucht, bekommen Sie Unterstützung und werden bei Bedarf zu Diagnostik oder Behandlung weiterverwiesen. Bei einer Therapie helfen die regelmäßigen Sitzungen beim Psychologen oder Psychotherapeuten. Bei einem stationären Aufenthalt in einer Suchtklinik sind sie vorerst ganz aus der Verantwortung entlassen.
  2. Manchmal fallen in der Beratung anstelle einer vordergründigen Abhängigkeit von PC, Konsole und Smartphone eher andere Begleiterkrankungen wie ADHS, eine soziale Phobie, Persönlichkeitsstörungen oder eine Depression auf. Dann war der Schritt zur Beratung wichtig, um die Probleme nicht zu verschleppen. Je früher psychische Störungen erkannt werden, desto besser die Chancen einer Therapie.
  3. Wenn Ihre Sorge unbegründet war, wird Ihnen die Beratung helfen, einen lockeren, entspannten Umgang mit dem computerspielenden Kind, Jugendlichen oder Erwachsenen zu finden.

Beratungsziel 2: Information

Zeitungen, Nachrichten und Talkshows sind voll mit Berichten über die Digitalisierung von Schule und Arbeitsleben. Da glauben viele Eltern, ihren Kindern zu schaden, wenn sie Nutzungszeiten begrenzen oder den Kauf von neuesten technischen Geräte verweigern.

Praktisch alle Süchtigen verweisen auf einen Freundeskreis, der ebenfalls viel Zeit am Bildschirm verbringt. Da fällt es Eltern schwer, ein normales Maß festzulegen. Was alle machen scheint doch normal, oder?

Ein Ziel der Beratung ist also, den Angehörigen zu vermitteln, was normales Verhalten im Umgang mit Medien, Smartphone und PC ist – und wo eingegriffen werden muss.

„Ist das normal oder eine Sucht?“

Im Laufe des Beratungsgesprächs wird klarer werden, ob ihre Sorge berechtigt ist. Ist das normale Mediennutzung, bedenkliches Spielverhalten oder eine Sucht? Der Psychologe oder Suchtberater wird Ihnen genau erklären, was die deutlichen Anzeichen einer Sucht sind: Es beruhigt und hilft oft, seinen Feind zu kennen.

Wenn sich der Verdacht auf eine Computerspiel-Sucht erhärtet, wird der Psychologe selbst einen psychologischen Test dazu machen, oder Sie (bzw. den Betroffenen) zur psychologischen Diagnostik weiterleiten.

Beratungsziel 3: Kontrolle zurückgewinnen

Es ist wichtig, einerseits die Spielzeit des Betroffenen zu kennen. Zweitens müssen eventuelle Verbote und Regeln auch durchgesetzt werden können.

Das funktioniert nur, wenn Smartphone, PC und Konsole aus dem Kinderzimmer entfernt werden. Die Geräte sollten in gemeinsam genutzten Räumlichkeiten stehen.

Deshalb ist es ein Ziel der Beratung, Ihnen zu helfen, die Kontrolle über das Spielverhalten wieder zurückzubekommen. Dabei sollten auch technische Möglichkeiten (Router ausschalten, Offline-Modus, Account-Sperrungen, Sicherungen) angesprochen werden. Computerspieler sind technisch versiert und schlagen Eltern und Partner ansonsten ein Schnippchen.

Beratungsziel 4: Familiensysteme verstehen

In manchen Fällen muss auch darüber nachgedacht werden, ob das Umfeld mit Eltern und Geschwistern ein gutes Vorbild für den Betroffenen ist. Studien zeigen, dass Eltern oft ebenfalls exzessiv spielen, surfen oder fernsehen. Dann müssen auch sie das eigene Verhalten ändern.

Für weiterreichende Interventionen wäre dann auch an eine Familientherapie zu denken. Diese Form der Psychotherapie hat sich besonders bei computerspielsüchtigen Kindern und Jugendlichen bewährt.

Beratungsziel 5: Begleitung über einen längeren Zeitraum

Eine Sucht, exzessives Spielen oder auch „nur“ Erziehungsprobleme in den Griff zu kriegen, kann sich über Wochen, Monate oder Jahre hinziehen. Dann vereinbart die psychologische Beratung mit Ihnen z. B. wöchentliche Termine, bei denen besprochen wird

  • was sich verbessert/verschlechtert hat, und
  • welche neuen Maßnahmen möglich sind.

Sie sind dann jedenfalls nicht mehr alleine mit Ihrem Problem.

Häufige Themen in Beratungsgesprächen

Naturgemäß werden Sie in den ersten Sitzungen viel erzählen – über die Entstehung der Probleme, Ihre Familie, Ihr Umfeld, Schule, Arbeit. Danach gleichen sich die Themen:

  • Wie kann ich sicherstellen, dass beide Eltern konsequent die gleiche Position gegenüber dem Süchtigen vertreten? Dass beide gemeinsam handeln, Einigkeit zeigen?
  • Wie kann ich einen Mediennutzungsvertrag abschließen, also das Spielen nach und nach eindämmen? Welche Maßnahmen sind in der aktuellen Situation erfolgversprechend?
  • Wie gehe ich mit Aggressionen und Wutanfällen um?
  • Wie bekomme ich das Umfeld: Lehrer, Freunde, Geschwister mit ins Boot?
  • Welche Möglichkeiten zur Kontrolle des Computerspiel-Süchtigen und seines Medienkonsums sind realistisch?
  • Welche Verbote sind angebracht?
  • Welche Sanktionen sind für Verstöße sinnvoll?
  • Wie kann ich den Betroffenen zu mehr Offline-Aktivitäten (innerhalb und außerhalb der Familie) motivieren?

In der Rubrik Selbsthilfe finden Sie eine Reihe von Techniken, die Sie mit dem Betroffenen auch selbst durchführen können:

  • Die Kosten-Nutzen-Analyse
  • Der Tages-Zeitkuchen
  • Der Belohnungsplan

Die Beratung kann hier etwas Hilfe zur Selbsthilfe geben, z. B. um einen relativ komplizierten Belohnungsplan zu erstellen und durchzuführen.

Bei Bedarf: Weiterleitung zu Therapie, Selbsthilfegruppe oder Sucht-Klink

In schweren Fällen ist es mit Beratung, Selbsthilfe und Hilfe zur Selbsthilfe nicht getan.

Dann wird Sie der Psychologe oder Suchtberater an geeignete Stellen weiterleiten:

  • an einen Psychologen zur weiteren diagnostischen Abklärung von Begleiterkrankungen wie ADHS, Depression, soziale Phobie und Persönlichkeitsstörungen,
  • zu niedergelassenen Psychologen oder Psychotherapeuten, um eine Therapie zu starten,
  • zu Psychiatern, falls die Versorgung mit Medikamenten sinnvoll erscheint (v. a. Antidepressiva bei depressiven Symptomen) oder
  • zu Psychiatrien oder Suchtkliniken, die sich auf Computer- oder Internetabhängigkeit spezialisiert sind, wenn ein stationärer Aufenthalt die beste Option zu sein scheint.

Fazit

Psychologische Beratung wird jedenfalls eine Erleichterung sein: Sie bekommen fundierte Informationen Hilfe, Begleitung und Hilfe zur Selbsthilfe.

Wenn Sie sich umsonst Sorgen gemacht haben, können Sie sich danach beruhigt entspannen. Wenn Ihre Sorge berechtigt war, haben Sie den ersten Schritt zur Lösung gemacht.

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