ZDF Video: eSport-Profis – Megastars am Monitor | Auslandsjournal

E-Sportler sind mittlerweile Superstars in Korea. Wie bei Spielen der Fußball Champions League füllen sie ganze Stadien. Das ARD Auslandsjournal besucht das League of Legens-Team MVP.

Millionen Zuschauer verfolgen die Events auf ihren Bildschirmen zu Hause, wenn die Teams in League of Legends aufeinandertreffen.

„Irgendwie hat es mich jetzt auch mitgerissen.“

Ron Boese, ZDF-Reporter

Während für die meisten Spieler die Matches um Counterstrike, Dota 2, Call of Duty, Fortnite und League of Legends ein Hobby bleiben, spielen die 50 Profis der koreanischen Liga hauptberuflich. Und verdienen dabei fast so viel Geld wie ein Profi eines FC Bayern München.

Koreanische E-Sportler sind Weltspitze

Die Professionalisierung des Computerspielens hat den Koreanern einen deutlichen Leistungsschub gebracht. Die besten Spieler kommen aus Korea, sie dominieren die Wettkämpfe. Alle Weltmeisterschaften in League of Legends seit 2013 haben koreanische Teams gewonnen.

Der Reporter des ARD Auslandsjournals macht sich auf die Suche nach den Stars. Wie leben sie, wie sieht ihr Alltag aus? Er findet die Wohngemeinschaft der Pro-Gamer von MVP, ein Team in der League of Legends-Liga.

Wohnen in der Zocker-WG

In der Unterkunft der Profis, die gleichzeitig Trainingscamp ist, angekommen, wird er erst mal von den Anwesenden ignoriert. Sie sind in ihr Spiel vertieft. Es ist ein Freundschaftsspiel, eines von vielen, die sie im Training bestreiten.

League of Legends wird online gespielt. Es ist ein äußerst komplexes Spiel. 2 Teams aus 5 Spielern treten gegeneinander an. Jeder Spieler steuert seine eigene Spielfigur, einen Champion. Am Ende gewinnt, wer die Festung des Gegners zerstört.

Zusammenspiel und Strategie sind wichtiger als Reaktionszeit. Alles hochkomplex und trotzdem rasend schnell. Der Coach steht, wie im Fußball, an der Seite und überwacht die Spielzüge des Teams. Die Spiele dauern im Schnitt 1-2 Stunden.

League of Legends wichtiger als Schule

Solange muss sich der Reporter des ARD gedulden. Erst nach dem Spiel zeigt ihm einer der E-Sportler die Zocker-WG. ADD hat mit 15 Jahren angefangen, League of Legends zu spielen. Als er richtig gut darin wurde, durfte er vor 2 Jahren hier einziehen. Für seinen Traum von einer Karriere als Profi hat er sogar die Schule geschmissen.

Auch die anderen Jungs sind zwischen 18 und 21 Jahre alt. Eigentlich ein Alter, in dem sich Jungs anfangen, für Frauen zu interessieren. Statt Spielerfrauen liegen hier Kuscheltiere in den Betten.

„Es ist noch nie passiert, dass einer der Jungs ein Mädchen mit in unsere WG gebracht hat. Und das wird auch nie passieren, das ist unerwünscht.“

ADD, E-Sport-Profi

Training wichtiger als Mädchen

Die E-Sportler konzentrieren sich lieber auf ihr Training. Sie spielen täglich 9 Stunden. Nur 7 Tage im Jahr haben sie Urlaub, sonst wird trainiert. Der Druck, der auf ihnen in wichtigen Spielen lastet, ist enorm. ADD macht sich keine Illusionen.

 „Macht ein Spieler Fehler auf wichtigen Turnieren, und zwar mehrfach, dann ist es in vielen Teams üblich, dass der Spieler direkt ausgetauscht wird.

„Das ist halt Profisport, da geht es hart zu.“

Ron Boese, ZDF-Reporter

Der Alltag der E-Profis ist komplett durchgeplant, auch wenn er spät beginnt. Um 12:00 Uhr stehen ADD und seine Kollegen auf, die Mahlzeiten sind festgelegt. Zu Bett gehen sie erst um 5 Uhr morgens.

Auch heute spielen sie direkt nach dem Essen weiter, sie sind in der Vorbereitung auf ein wichtiges Spiel. Beim morgigen Spiel gegen Tabellenführer Samsung werden besonders viele Zuschauer erwartet.

Amazon kauft Twitch für 970 Mio. Dollar

Die Spiele-Industrie in Korea setzt Jahr für Jahr mehr Geld um. Inzwischen wird der gesamte Wert inklusive E-Sport-Events auf 6,5 Milliarden Euro geschätzt.

In der koranischen Gesellschaft sind League of Legends, Dota und Starcraft so verankert wie Fußball in Europa. 3 Fernsehsender übertragen die E-Sports-Turniere live. Über Streamingportale wie Twitch, Smashcast oder YouTube können sich Fans auf der ganzen Welt jederzeit in die Übertragungen einschalten.

Das hat auch den Handelsriesen Amazon aufgeweckt. Er hat den E-Sport-Giganten Twitch für 970 Millionen Dollar übernommen, inklusive der 100 Millionen E-Sport-Fans auf der Streaming-Plattform.

PC-Banks, die neuen Spielhöllen

Die südkoreanische Jugendkultur ist geprägt von Computerspielen. Ihre spärliche Freizeit verbringen Schüler und Studenten oft in PC-Banks, fernab der echten Welt mit ihrem, für asiatische Länder typischen, massiven Leistungsdruck in Schule und Studium. In den PC-Banks mit Highspeed-Internet und gekrümmten Bildschirmen können sie der Realität entfliehen.

Der Reporter will sich inzwischen auch an dem Spiel versuchen. Doch League of Legends ist äußerst komplex, er ist hoffnungslos überfordert. Mit etwas Hilfe vom Nebentisch „klappt es wie am Schnürchen“, glaubt er. Tut es nicht.

Wie beim Fußball kann nicht jeder Profi werden. Der sympathische Zocker am Nebentisch, der gerade dem Reporter zu helfen versucht hat, will das auch gar nicht.

“Es macht psychisch einen Unterschied, ob man das Spiel spielt, um Spaß zu haben, so wie ich. Oder ob man spielt, um Geld zu verdienen.“

Lee Yongjun Choe, Hobby-Zocker

Eine Auszeit vom gesellschaftlichen Leistungdruck

Er kommt in die PC-Bank um Stress abzubauen, zu relaxen. Der harten Realität und dem Leistungsdruck des koreanischen Alltags zu entkommen. Deshalb spielen koreanische Jugendliche so viel, wie in keinem anderen Land auf der Welt. Viele spielen auch zu viel.

Von insgesamt 51 Mio. Südkoreanern sind 2 Millionen süchtig nach Computerspielen. Jeder siebte Süchtige ist ein Kind zwischen 8 und 12 Jahren. Eine besorgniserregende Entwicklung. E-Sportler hingegen sind davon wohl kaum betroffen. Obwohl sie sehr viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen, erfüllen sie die restlichen Kriterien einer Computersucht nicht. E-Sport ist Leistungssport, eine erfolgreiche Karriere ist bei einer gleichzeitigen psychischen Erkrankung nicht vorstellbar.

Gesetzliches Spielverbot in der Nacht für Jugendliche

Die koreanische Regierung reagierte deshalb 2011 mit dem Shutdown-Gesetz. Zwischen 0:00 und 6:00 Uhr morgens ist seitdem für Jugendliche unter 16 Jahren Computerspielen verboten.

Am nächsten Morgen kocht die Stimmung in der OGN-E-Sports-Arena hoch. ADD und sein Team MVP sind mitten im Spiel gegen Tabellenführer Samsung. Vor der riesigen Leinwand verfolge die ARD-Reporter und 1000 Fans das League of Legends-Spiel.

MVP schafft die Sensation gegen Samsung

Es bahnt sich eine kleine Sensation an. MVP liegt vorn. Die Kommentatoren können sich in Erwartung des Überraschungssiegs kaum halten. Es dauert 3 Stunden, dann ist der Erfolg perfekt. ADD und sein Team gewinnen. Nach dem Spiel gibt es keine Feier, lieber wollen sie sich ausruhen. 3 Stunden League of Legends können auch physisch sehr anstrengend sein.

Zu alt mit 23 Jahren

Obwohl die Spieler mit 18-21 Jahren noch sehr jung sind, ist ihre Zeit knapp. Profi-Gamer-Karrieren dauern durchschnittlich nur 2 Jahre. Dann entscheiden sich die meisten auszusteigen, weil sie den Profi-Alltag nicht mehr durchhalten.

Deshalb gelingt es nur wenigen Spielern, in dieser kurzen Zeit für den Rest ihres Lebens auszusorgen. ADD und seine Teamkollegen verdienen im Jahr knapp 100.000 €, Preis- und Sponsorengelder schon eingerechnet. Um Millionär zu werden, müsste er die Weltmeisterschaft im November gewinnen. Das ist sein Traum.