ZDF Video: E-Sport | Vom Kinderzimmer in die Profiligen | offline

Das ZDF scheint sich entschieden zu haben: E-Sport ist Sport – und berichtet in der Sendung ZDF Sport Reportage von Fußballvereinen, die E-Sportler unter Vertrag nehmen und von der GT Academy, die aus Gamern echte Rennfahrer macht.

Es ist eine besondere Ausgabe der ZDF Sport-Reportage, die E-Sport-Reportage über professionelles Videospielen im Jahr 2017. 15.000 Menschen, ausverkaufte Halle und Stimmung wie bei einem Heimspiel des 1. FC Köln, berichtet der überraschte Reporter.

Die ESL One ist vergleichbar mit dem Champions League-Finale des Videospiels Counterstrike. Die Inszenierung erinnert an einen Boxkampf, wenn sich die besten Spieler der Welt messen.

Preisgeld: 250.000 $

Die Teams erwartet ein Preisgeld von 250.000 US-Dollar. Die Branche wächst und E-Sport wird immer populärer. Heute zocken bereits 35 Millionen Menschen in Deutschland und es werden immer mehr.

„Gamen“ ist, wenn es Spaß macht, E-Sport wenn es ernst wird. Dabei geht es um viel Geld. Seit 2013 hat sich der Umsatz im E-Sport mehr als verfünffacht. Mehr Events, höhere Preisgelder ließen den Umsatz von 2013: 130 Mio. $ auf 2017: 696 Mio. $ ansteigen. 2019 wird erwartet, dass der Umsatz eine Milliarde Dollar übersteigt.

„Ich war immer überzeugt, dass Computerspiele das bessere Unterhaltungsmedium sind als rein passiv etwas zu schauen. Deshalb war für mich vor 20 Jahren schon klar, dass Videospiele das größte Unterhaltungsmedium werden.“

Ralf Reichert, Geschäftsführer ESL

Mittlerweile ist es sogar möglich, als Gamer zum Millionär zu werden. Das International von Dota 2 mit einem Preisgeld von 25 Mio. $ setzt neue Maßstäbe. Das hat der Deutsche Kuro „KuroKy“ Salehi Takhasomi mit seinem Team Liquid 2016 geschafft. Er gewann mit seinem Team 10,3 Mio $. Damit war er zu diesem Zeitpunkt der erfolgreichste E-Sportler der Welt.

„Die Entwicklung ist erstaunlich… da konnte niemand ahnen, dass sich so eine Industrie daraus entwickelt.“

Sascha L. Schmidt, Leiter Zentrum für Sport & Management an der WHU

Dabei begann es mit einem sehr simplen Computerspiel Pong. Es war das erste kommerziell erfolgreiche Spiel. In der Folge entstanden Spielhallen mit ihren klobigen Automaten. In den 80ern kommen PacMan, Super Mario und Donkey Kong und stoßen in die Wohnzimmer vor. Um mit anderen zu spielen musste man noch den eigenen Computer zu LAN-Partys schleppen.

Das Internet verbindet die Spieler

Es ist das Internet, das es schafft, das Medium vom Kinderzimmer in die weite, große Welt zu tragen. Aus den chaotischen LAN-Partys werden gut organisierte Events.

„Die ersten Jahre wurden wir damit eher belächelt. Zur ersten Veranstaltung kamen halt nur 50 Leute. Und dann fanden es plötzlich alle gut.“

Ralf Reichert, Geschäftsführer ESL

Auch die Spiele veränderten sich, wurden realistischer und komplexer. Heute sind 3D-Shooter und Strategiespiele die beliebtesten Genres. Die Darstellung ist mittlerweile so detailreich, dass sie von der Realität kaum noch zu unterscheiden ist.

Eine äußerst erfolgreiche Serie kommt von Electronic Arts. Die Fußballspiele der FIFA-Serie wurden über die letzten 20 Jahre 100 Millionen Mal verkauft. Entsprechend hoch ist das Interesse des E-Sports. Timo „Timox“ Siep ist einer der führenden Spieler und hat mit seinen 19 Jahren schon sein Hobby zum Beruf gemacht.

„Profi in einem virtuellen Spiel klingt für manche vielleicht etwas komisch. Es ist aber mein Hobby, meine Leidenschaft und auch mein Beruf.“

Timo „Timox“ Siep, E-Sport-Profi

E-Sport ist kein Ersatz für den normalen Sport, profitiert aber von ihm. Je mehr Aufmerksamkeit der Fußball bekommt, desto mehr Gewicht erhält auch sein virtuelles Pendant. Der Alltag des E-Sport-Profis klingt auch ähnlich zu dem eines Fußball-Profis, zumal er beim VfL Wolfsburg unter Vertrag steht.

„Ich trainiere viel, spiele viel, mache YouTube-Videos nebenbei. Das sind Sachen, die ich mir früher nicht hätte erträumen können.“

Timo „Timox“ Siep, E-Sport-Profi

Um am E-Sport-Kuchen mitnaschen zu können, haben mehrere Fußballvereine E-Sport-Abteilungen gegründet. Schalke 04, VfL Wolfsburg, Red Bull Leipzig und der VfB Stuttgart versuchen, damit neue Zielgruppen zu erreichen.

„Wir wollen einerseits junge Menschen erreichen. Nicht nur bei den Events vor Ort, sondern um auch die Brücke zur realen Welt zu schlagen.“

Tim Schuhmacher, Geschäftsführer VfL Wolfsburg

Deshalb dürfen die E-Sportler auch mit zum Trainingslager mit den Fußballprofis nach Florida. Wie viel E-Sportler tatsächlich trainieren, ist deren eigene Entscheidung.

„Manche brauchen das. Die spielen dann am Tag fünf Stunden, um gut zu sein. Sie wachen auf, zocken, schlafen, zocken – das ist deren Leben. Aber was ist das für ein Leben, wenn man nur zockt, und schläft.“

Timo „Timox“ Siep, E-Sport-Profi

Siep hat sich für eher wenig Training entschieden. Trotzdem hat es für ihn gereicht, er gilt als Shooting-Star der Szene. Ihm ist wichtiger, unterwegs zu sein – als Ausgleich zum Computerspielen.

Bei großen Fuballvereinen unter Vertrag

Die Veranstaltungen sind über die Jahre enorm gewachsen. Tausende Zuschauer verfolgen die Events in riesigen Hallen. Damit wächst auch der Erfolgsdruck für Spieler wie Siep. Wie im echten Fußball erwartet sein Verein VfL Wolfsburg hervorragende Leistungen.

„Meinen ersten E-Sport-Vertrag habe ich mit 17 bekommen. Den musste noch meine Mama unterschreiben. Das Gehalt war nicht mal 100 €. Meine Mama sagte: Bist du verrückt, ich unterschreibe den nicht, mach besser mal die Schule. Trotzdem habe ich weitergemacht. Jetzt sind es auch meine Eltern, die davon profitieren. Jetzt kann ich ihnen etwas zurückgeben, was sie mir eigentlich auch immer gegeben haben.“

Timo „Timox“ Siep, E-Sport-Profi

Selbst gestandene Fußball-Experten sind von der Entwicklung fasziniert.

„Das ist auf die reifen Jahre etwas ganz neues für mich. Ich bin Fußball gewohnt mit Menschen aus Fleisch und Blut aber auch computergeneriert sind große Emotionen möglich.

Béla Réthy, Fußballkommentator des ZDF

So können heute immer mehr E-Sportler vom Spielen leben. Basis des Erfolgs sind aber auch die Verbesserungen in der Spiele-Industrie. Die Industrie zeigt sich auf der Gamescom, mit steigenden Besucherzahlen und Anzahl an Messeständen. Je realistischer und näher an der Wirklichkeit die Spiele werden, umso breiter ist die Zielgruppe, die die Hersteller ansprechen können.

Ist das echter Sport?

Dabei müssen sich E-Sportler immer wieder die Frage gefallen lassen: Ist das überhaupt Sport? Sitzend, starrend, bewegungslos? In Asien ist man da schon weiter. In Südkorea ist E-Sport längst so populär wie bei uns der Fußball. 2022 ist E-Sport bereits offizieller Teil der Asien-Spiele.

„Ich finde es, fantastisch zu sehen, wie das Medium aus dem Kinderzimmer raus in die Welt getragen wurde. Wenn wir uns ansehen wie das in Korea abgeht, das ist völliger Wahnsinn, wie die Starcraft spielen. Und ich sehe keinen Grund, warum das anderswo nicht genauso passieren soll.“

Uke Bosse, Professor für Gamedesign

Zumal in der Vergangenheit Sportarten wie Sackhüpfen, Durch-Tonnen-Hüpfen, Keulenschwingen, Tontaubenschießen (mit echten Tauben!), Pistolen-Duell, Eselrennen und Tabak-Weitspucken auch schon mal olympisch waren. Wenn sich mancher Funktionär da bloß nicht täuscht:

„Es gibt nun mal einen olympischen Sportarten-Kanon und dass Electronic-Sports olympisch wird, halte ich für eine ferne Zukunftsvision.“

Christoph Niessen, Vorstand Landessportbund NRW

Der IOC-Präsident scheint da schon offener zu sein.

„Die Begeisterung, die Emotion, die damit geweckt wird, ist Sportveranstaltungen vergleichbar. Deswegen schauen wir uns das sehr genau an.“

Thomas Bach, IOC-Präsident

Belastungen wie im Formel 1-Auto

Untersuchungen der Sporthochschule Köln zeigen, dass die Belastungen für E-Sportler durchaus vergleichbar sind – auch wenn sie nur die Hände bewegen. Im Wettkampf steigt die Herzfrequenz auf bis zu 180 Schläge pro Minute – wie im Formel 1-Auto. Der Kortisol-Spiegel erhöht sich durch den enormen Stress. Untrügliche Anzeichen für die Belastungssituation. Die Bewegungen sind zwar klein, aber schnell und präzise, bis zu 400 asynchrone Bewegungen pro Minute sind zu beobachten. Ausdauer und Konzentration sind bei stundenlangen Events entscheidend über Sieg und Niederlage.

Deshalb setzen professionelle Teams zunehmend auch auf körperliche Fitness. Verbesserte Durchblutung des Gehirns, schnellere Erholung und besseres Lernen bringen auch beim E-Sport Vorteile.

Aber auch umgekehrt funktioniert das – trainieren am Bildschirm, um später in der realen Welt Spitzenleistung zu bringen. Bei der GT Academy bewerben sich Videospieler als echte Rennfahrer. Es ist also möglich: vom Gamer zum Profisportler.

„GT Academy – das ist kein Spiel mehr, das ist Ernst.“

In der GT Academy kämpfen die E-Sportler um einen Vertrag mit einem realen Rennstall. Vom Gamer zum Racer. Und sie erobern Podestplätze in echten Rennserien, von Le Mans bis Dubai.

„Was ein Gamer sicher mit bringt, ist Konzentration, Hand-Augen-Koordination und Timing. Was noch fehlt, ist das Gefühl im Auto.“

Nick Heidfeld, Juror GT Academy

Das Gefühl soll ihnen in einer intensiven Woche beigebracht werden. Mit verschiedenen Autos, auf mehreren Rennstrecken in der ganzen Welt. Aber auch die Fitness muss dringend aufgebaut werden.

„Ein außergewöhnlicher Gamer kann auch in einem echten Auto sehr schnell sehr große Fortschritte machen.“

Rob Barff, Leiter GT Academy

E-Sport ist ein Massenphänomen geworden. Die Spiele werden immer realistischer, werden auch in Zukunft immer weniger von der Realität zu unterscheiden sein. Trotz allem stehen wir erst am Anfang, mit Technologien wie Augmented Reality, Virtual Reality.

„Wenn der E-Sport weiter einen solchen Vormarsch in unserer Gesellschaft hat, sollte man sich überlegen wie ich dort auch gegebenenfalls mit negativen Folgen umgehe und mich darauf vorbereite.

Sascha L. Schmidt, Leiter Zentrum für Sport & Management an der WHU

Neue Technologien schaffen Möglichkeiten – aber auch Herausforderungen. Schöne neue Welt.

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