Die Welt-Gesundheits-Organisation will im Sommer 2018 Computerspiel-Sucht offiziell als Krankheit anerkennen. Das könnte für die Betroffenen erhebliche Auswirkungen haben. Die WDR-Sendung aktuell berichtet dazu aus dem Leben eines 19-jährigen, der in der Kinder- und Jugendpsychiatrie stationär in Behandlung ist.
Während es für die meisten ein Hobby bleibt, ist für Chris aus der Leidenschaft Computerspielen eine Sucht geworden. Anfang des Jahres ließ er sich deshalb freiwillig in die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Maßberg, Sauerland, Deutschland aufnehmen. Seine Computerspiel-Sucht hat im Zuhause des 19-Jährigen das Zusammenleben schwer gemacht.
Chris, 19 Jahre
Ich habe keine Hausaufgaben mehr gemacht, mich komplett abgekapselt und soziale Kontakte verloren, hatte kaum noch Kontakt zu Freunden. Es ging nur noch um’s Spielen. Du kommst nach Hause und hockst am PC.
14- bis 16-Jährige sind besonders gefährdet, auch bei Chris fing es in diesem Alter an. 4% in dieser Altergruppe gelten als Internet- bzw. Computerspiel-süchtig. Als Anzeichen für Suchtgefahr gelten diese Merkmale:
- Das Spielen hat einen herausragenden Stellenwert im Leben des Betroffenen.
- Er leidet unter Kontrollverlust, das Spielen dominiert alles.
- Es kommt zu einem Rückzug aus anderen Lebensbereichen, typisch ist das Abbrechen von Kontakten und Hobbys werden fallengelassen.
Der Aufenthalt in der Psychiatrie ist für Chris ein Neuanfang. Mit den anderen Jugendlichen lernt er hier wieder, seinen Tagesablauf zu strukturieren, regelmäßige Abläufe einzuhalten.
Feste Essenszeiten, Putz- und Aufräumdienste sind Teil ihrer Pflichten. In der Gruppen- und Einzeltherapie, sagt Psychotherapeut Florian Bredt, gehe es vor allem darum, sich ein stückweit von der Computerspiel-Identität zu verabschieden. Anstelle der virtuellen Realität wieder Ziele und Perspektiven für das wahre Leben zu entwickeln.
„Wer bin ich im realen Leben, wie empfinde ich mich da? Das zu vergleichen und zu schauen, wie bekomme ich in der realen Welt das, was ich in der virtuellen Welt bin. In der virtuellen Welt bin ich oft selbstbewusster, anerkannter, fröhlicher und aktiver als in echt. Genau das zu übertragen ist eine Aufgabe in der Therapie.“
Florian Bredt, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut
Seine Zeit mit Computerspielen und in sozialen Netzwerken zu verbringen ist normal und kein Grund zur Sorge, sagt der Experte. Wichtig ist aber, dass Eltern klare Regeln vorgeben und Kinder nicht ohne Einschränkung ins Internet lassen.
Etwas, was bei Chris nicht funktioniert hat. Er hat die Kontrolle über sein Computerspielen verloren. Diese Kontrolle muss er jetzt Stück für Stück wieder zurückbekommen. Anstatt der virtuellen Quests nimmt er sich nun wieder reale Ziele vor.
„Für mich ist es zum Beispiel ein Ziel, wieder mit Sport anzufangen, das hatte ich durch meine Computersucht komplett vernachlässigt. Ich möchte mehr soziale Kontakte aufbauen, Beziehungen pflegen und auch das Verhältnis zu meinen Eltern verbessern, weil ich das über die Jahre fast komplett kaputtgemacht habe.“
Chris, 19 Jahre
Der Weg zurück in die echte Welt ist schwer. Aber Chris will es schaffen.