User Experience – Emotionen und Ästhetik bei Websites

Präsentation an der Tagung experimentell arbeitender Psychologen

Sprenger, Michael, Kaser, Armin, Kolar, Gerald, & Sachse, Pierre (2011). User Experience – Emotionen und Ästhetik bei Websites. In K. Bittrich, S. Blankenberger & J. Lukas. Beiträge zur 53. Tagung experimentell arbeitender Psychologen, S. 276, Lengerich: Pabst.

Poster zum Kongress ÖGP, Social Tagging, , Dr. Michael Sprenger, Prof. Gerald Kolar FH Wien

Transkript:

Theoretischer Hintergrund

Facebook, iPhone und Hotel-Websites sind nicht nur nützliche Produkte —sie machen Menschen auch glücklich. Diese User Experience, das emotionale Nutzungserlebnis, ist ein wichtiges Merkmal von IT-Produkten geworden (Norman, 2009). Auf Basis des User Experience-Modells nach Mahlke und Thüring (2007) untersuchten wir in einer Studie mit 36 Hotel-Websites und N = 60 Versuchspersonen, welche Gestaltungsmittel des Webdesigns sich auf die Wahrnehmung von Ästhetik und das emotionale Befinden des Nutzers auswirken, und dadurch eine positive User Experience bedingen.

Modelle und Studien der Werbepsychologie und Human-Computer-Interaction legen nahe, dass primär fünf Faktoren für die ästhetische Wahrnehmung und emotionale Wirkung einer Website ausschlaggebend sind:

  1. Größe der Website (Ivory & Magee, 2009; Lombard, Ditton T. B., Grabe & Reich, 1997)
  2. Größe des dominierenden Bildes (Koo &JU, 2010; Sänchez-Navarro, Martinez-Selva, Romän & Torrente, 2006; Reeves, Lang, Kim & Tatar, 1999; Detenber & Simons, 2000)
  3. Durchschnittliche Helligkeit der Website (Kim, Lee & Choi, 2003)
  4. Verwendete Bildmotive (Bekmeier, 1992; Weinberg, 1986)
  5. Textmenge (Schenkman & Jönsson, 2000)

Methoden

Um die Praxisnähe der Untersuchung zu gewährleisten, wurden 36 bestehende Hotel-Websites aus dem freien Markt verwendet. Die Versuchspersonen erhielten einen Fragebogen mit jeweils vier Hotels in zufälliger Reihenfolge und wurden gebeten, zu jedem Screenshot die emotionale Wirkung und die Ästhetik der Website einzuschätzen.

Zur Erfassung der Konstrukte kamen mit dem Self Assessment Manikin (Bradley & Lang, 1994) und dem Ästhetik-Fragebogen nach Tractinsky (1997) bewährte Instrumente aus Werbepsychologie und Human-Computer-Interaction-Forschung zum Einsatz. Eine anschließende MANCOVA mit den genannten fünf Faktoren als unabhängige Variablen und den Konstrukten Valenz, Erregung (aus Self Assessment Manikin) sowie klassische Ästhetik (aus dem Ästhetik-Fragebogen) als abhängige Variablen sollte die Zusammenhänge klären.

Ergebnisse

Die MANCOVA zeigte einen signifikanten Einfluss aller fünf untersuchten Faktoren (F = 11.446, p< .001). Das Bestimmtheitsmaß r2 betrug .52 bzw. .47 für das korrigierte r2. Mit Effektstärken von .25 < r2 < .33 hatten alle Faktoren vergleichbar großen Einfluss auf das Ergebnis.
Die univariaten Varianzanalysen zeigen, dass die Faktoren jeweils unterschiedliche Komponenten der User Experience bedienen (Abbildung 1). Die Varianz wird fast ausschließlich durch die Größe des dominierenden Bildes bestimmt (r2 = .26). Für die Erregung ist die Kombination der Faktoren große Website (r2= .14), helle Farben (r2= .16), Menschen als Bildmotiv (r = .25) und wenig Text (n2 = .17) förderlich. Klassische Ästhetik dagegen profitiert von der Größe der Website (r2= .17), großen Bildern (r2 = .14), hellen Farben (r2 = .14) und viel Text (r2 = .20).

Abbildung 1: Zwischen-Subjekt-Effekte in der Varianzanalyse

Diskussion

Die Ergebnisse zeigen, dass Emotionen am stärksten von den Motiven der verwendeten Bilder und deren Helligkeit abhängen. Als besonders ästhetisch werden Websites wahrgenommen, die große Teile des Bildschirms nutzen und verhältnismäßig viel Text verwenden.
Damit stehen die Ergebnisse im Einklang mit den genannten Studien und bestätigen, dass die Wirkung einer Website auf den Nutzer gezielt verändert werden kann. Inwieweit sich die so gestaltete User Experience auf das konkrete Verhalten der Nutzer auswirkt, kann mit solchen Korrelationsstudien nur unzureichend erfasst werden. Dazu ist ein experimentelles Untersuchungsdesign besser geeignet.

Literatur

Bekmeier, S. (1992). Wie steuert man Emotionen mit Bildern, Werbeforschung & Praxis, 37 (3), 84-89.

Bradley, M. & Lang, P. J. (1994). Measuring emotion: The Self-Assessment. Journal of BehaviouraI Therapy and Experimental Psychiatry.

Ivory, J. D. & Magee, R. G. (2009). You Can’t take it with You? Effects of Handheld Portable Media Consoles and Physiological and Psychological Responses to Video Game and Movie Content. Cyber-Psychology & Behavior, 12 (3), 291297.

Kim, S. Y., Lee, J. & Choi, D. (2003). Designing emotionally evocative homepages: an empirical study of the quantitative relations between design factors and emotional dimensions. International Journal of Human-Computer Studies, 59, 899-940.

Koo, D.-M. &-Ju, S.-H. (2010). The interactional effects of atmospherics and perceptual curiosity on emotions and online shopping intention. Computers in Human Behaviur, 26 (3), 377-388.

Lombard, M., Dition T. B., Grabe, M. E. & Reich, R. (1997). The role of screen size in viewer responses to television face. Communication Reports, 10 (1), 95-106.

Reeves, B., Lang, A., Kim, E. Y. & Tatar, D. (1999). The Efects of Screen Size and Message Content on Attention and Arousal. Media Psychology, 1 (1), 49-67.

Sanchez-Navarro, J. P., Martinez-Selva, J. M., Roman, F. Torrente, G. (2006). The Effect of Content and Physical Properties of Affective Pictures on Emotional Responses. Spanish Journal of Psychology, 9 (2), 145-153.

Schenkman, B. N. & Jönsson, F. U. (2999). Aesthetics and preferences of web pages. Behavior & Information Technology, 19 (5), 367-377.

Tractinsky, N. (1997). Aesthelics and Apparent Usability: Empirically Asses-sing Cultural and Methodological Issues, CHI 97 Conference Proceedings, Atlanta, March 22-27, 1997 (S. 115-122). New York: ACM.

Weinberg, P. (1986). Nonverbale Marktkommunikation. Konsum und Verhalten: Bd. 11. Heidelberg: Physica-Verl.