Kongressbeitrag zum Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie:
Kaser, Armin, Kolar, Gerald, Furtner, Marco & Rauthmann, John F. (2010). Der Einfluss des Teamklimas auf die Fokuspunkte des Wissensmanagements.
Präsentation am 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie 2010 in Bremen, Deutschland (26.-30. September).
Transkript:
Einleitung
Durch die steigende Komplexität moderner Organisationen und ihrer Umwelten wird der effiziente Austausch und die optimale Kombination eines breiten Spektrums individueller Ressourcen (z. B. Fertigkeiten, Fähigkeiten und Wissen) immer wichtiger, um die vorgegebenen Ziele erreichen zu können.
Nach Zärraga und Bonache (2005) ergeben sich aus dem Teamklima Konsequenzen für das Wissensmanagement. Gruppen können aus dem Pool der Ressourcen mehrerer Personen schöpfen und überdauern meist auch die zeitlich begrenzte Mitarbeit von Einzelpersonen. Meist werden aber die verteilten Ressourcen der Gruppenmitglieder nicht optimal genutzt (Prozessverluste), und synergetische Effekte sind nicht selbstverständlich. Das Reduzieren von Prozessverlusten und die Stimulation von Synergieeffekten bedingen allerdings konkrete Investitionen und förderliche Rahmenbedingungen (vgl. z. B. Brodbeck, 1999). Die Mitarbeitenden müssen fähig sein, ihre Fachkompetenz im Gruppenkontext weitestgehend einzubringen. Zudem ist eine Atmosphäre der Teamarbeit erforderlich, in der individuelle Leistungspotentiale optimal und effektiv genutzt und weiterentwickelt werden können.
Methoden
Die Untersuchung wurde in einem Marktforschungsinstitut mittels einer Online-Plattform durchgeführt. Die folgenden Instrumente wurden dabei eingesetzt:
Teamklima-Inventar (TKI, Brodbeck, Anderson & West, 2000)
Dieser Fragebogen dient zur Messung der Arbeitsatmosphäre für Innovation und Effektivität in Teams bzw. Arbeitsgruppen. Subskalen: Vision, Aufgabenorientierung, partizipative Sicherheit und Unterstützung für Innovation.
Die Antworten der Items konnten auf einer 5-stufigen Likert-Skala von 1 (gar nicht) bis 5 (vollkommen) bewertet werden.
Knowledge Quick-Scan (Knowledge-Concious Management BV, 2003)
Erfassung der fünf Kernaktivitäten des Wissensmanagements: Wissensidentifizierung, Wissenserzeugung, Wissensspeicherung, Wissensteilung und Wissensanwendung. Zu jeder der fünf Kernaktivitäten werden neun Fragen gestellt. Die Mitarbeitenden werden dabei auch zu ihrer Einstellung und ihrem Verhalten gegenüber den einzelnen Wissensaktivitäten befragt. Zusätzlich werden auch sieben allgemeine Fragen gestellt, die sich auf die Gesamtorganisation beziehen. Innerhalb der jeweiligen Wissensmanagement Kernaktivitäten sind die Fragen nach den folgenden sieben Fokuspunkten ausgerichtet: Strategie, gemeinsame Vision, Stil, Mitarbeiter, Fertigkeiten, Struktur und Systeme. Die Antworten der Items konnten auf einer 5-stufigen Likert-Skala von 1 (trifft gar nicht zu) bis 5 (trifft vollkommen zu) bewertet werden.
Ergebnisse
Nach Auswertung der vorliegenden Daten zeigten sich die nachfolgenden Korrelationen:
Diskussion
Der Fokuspunkt Struktur war auf allen TKI-Unterskalen besonders stark ausgeprägt. Dies war vor allem für die Unterskala Vision (r=.90, p<.01) der Fall, weil ein leistungsfähiges Team eine klare Vision benötigt, um seine individuellen Kräfte zu bündeln und ihnen eine einheitliche strukturelle Richtung zu geben.
Für die Unterskala Aufgabenorientierung (r=.89, p<.01) gilt eine strukturelle und gemeinschaftliche Anstrengung als Eckpfeiler für eine möglichst hohe Leistung und Qualität einer gemeinsamen Zielerreichung. Bei der Unterskala partizipative Sicherheit (r=.81, p<.05) wirkt sich eine Erhöhung von Engagement und Commitment positiv und strukturfördernd aus. Die Unterstützung von innovativen Bemühungen innerhalb der Teams zeigte ihre Auswirkungen auf die struktureller Ebene im Bereich der Unterskala Unterstützung von Innovation (r=.82, p<.05).
Der Fokuspunkt Mitarbeiter zeigte ebenfalls eine starke Ausprägung in sämtlichen TKI-Unterskalen. Im Bereich der Unterskala Vision (r=.83, p<.05) kommt es auf ein gemeinsames Aushandeln einer realistischen Vision an. Die TKI-Unterskala Aufgabenorientierung (r=.85, p<.01) ist gekennzeichnet durch Reflexion und Evaluation sowie konstruktive Kontroversen zwischen den Mitarbeitenden. Bei der Unterskala partizipative Sicherheit (r=.87, p<.01) tritt vor allem das gemeinsame Schaffen von Kultur und die menschengerechte Aktivierung von Humanressourcen in den Vordergrund. Die Unterskala Unterstützung für Innovation (r=.86, p<.01) zeigte in diesem Zusammenhang vor allem die Komponente der allgemeinen Bereitschaft zur Innovation und das Artikulieren entsprechender Normen innerhalb der Arbeitsgruppe.
Der dritte starke Fokuspunkt Fertigkeiten lieferte bei der Unterskala Vision (r=.79, p<.05) die Elemente der Gestaltung von Beziehungen mit anderen Arbeitseinheiten innerhalb der Organisation und die langfristige Vitalität des Teams durch eine gemeinsame Vision. Innerhalb der Unterskala Aufgabenorientierung (r=.84, p<.01) tritt die gemeinsame Kontrolle von Milestones und das Erreichen von selbst gesetzten Zielen besonders hervor. Im Bereich der Unterskala partizipative Sicherheit (r=.81, p<.05) zeigte sich eine Variation in Abhängigkeit vom Ausmaß einer möglichst hohen Anteilnahme an Entscheidungen und dem Informationsfluss im Team sowie die gemeinsame Kontaktpflege. Die Unterskala Unterstützung für Innovation (r=.85, p<.01) zeigte hier den Einfluss bei der Umsetzung von Innovationen bzw. die in den Anwendungen erkennbaren Normen für Innovation und den daraus entstehenden Resultaten.
Optimierungsmöglichkeiten:
Eine effiziente Gestaltung von geeigneten Tools und vor allem förderliche Rahmenbedingungen von Wissensmanagement und Wissensarbeit sollten bei allen Teamaktivitäten im Vordergrund stehen. Um dies zu gewährleisten können als Optimierungsmaßnahme Management-Cockpits verwendet werden. Mit dieser Maßnahme kann auf bereits bestehende Daten-Warenhäuser und Managementinformationssysteme aufgebaut werden. Einige ausgesuchte zentrale Indikatoren können mit dieser Visualisierungsform mittels einfacher Graphiken dargestellt werden. Die ausgewählten „Cockpit”-Anzeigen können z. B. auf Bildschirmen bzw. Tafeln im jeweiligen Arbeitsumfeld dargestellt und von den verantwortlichen Mitarbeitenden aktualisiert werden. Mittels eigens angepasster Software können die Mitarbeitenden an ihrem Computer-Arbeitsplatz auch individuelle Indikatoren abrufen. Je nach vorliegendem Informationsbedarf können die verschiedenen Indikatoren auch in ihrer Gesamthierarchie dargestellt werden. Kritische Bereiche können durch Warnleuchten herausgefiltert und detaillierter analysiert werden (vgl. Probst et al., 2006).
Eine mögliche Aufbauform und Darstellung zeigen die Abbildungen 1 und 2. Ein großer Nutzen dieses Tools besteht in der konzentrierten und bedürfnisorientierten Darstellung relevanter Informationen. Ausgehend von den dargestellten Ergebnissen können fokussierte Diskussionen über wichtige Problemstellungen, Stärken und Trends in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen erfolgen. Diese Fokussierung ermöglicht es die Wissensanwendung intensiv zu fördern. Eine zusätzliche Darstellung der organisationalen „Befindlichkeiten” (Individuum, Team, Management) ermöglicht es zudem bei speziellen (z. B. problem- bzw. lösungsorientierten) Sitzungen als Unterstützung und Hilfestellung für reale als auch virtuelle Teamsitzungen zu fungieren.
Literatur
Brodbeck, F. C. (1999). Synergy is not for free. Theoretische Modelle und experimentelle Untersuchungen über Leistung und Leistungsveränderung in aufgabenorientierten Kleingruppen. Unveröffentlichte Habilitationsschrift, Ludwig-Maximilians-Universität München.
Brodbeck, F. C., Anderson, N. & West, M. (2000). Teamklima Inventar. Göttingen: Hogrefe.
Probst, G., Raub, S. & Romhardt, K. (2006). Wissen managen. Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. Wiesbaden: Gabler.
Zärraga, C. & Bonache, J. (2005). The Impact of Team Atmosphere an Knowledge Outcomes in Self-managed Teams. Organization Studies 26 (5), 661-681.